Hallo Deutschland, hier Burkina.

Die Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE hat am 24.November 2014 eine kleine Anfrage an die Bundesregierung formuliert und sie in 49 Fragen aufgefordert, zu den neuesten Entwicklungen in Burkina Faso sowie bezüglich ihrer eigenen Einflussnahme auf die Geschehnisse in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Auskunft zu geben. Es ist davon auszugehen, dass die Frist zur Beantwortung der Fragen, die den kleinen buckeligen Praktikanten im Keller des Bundeskanzleramtes gewährt wurde, in den nächsten Tagen auslaufen und eine Stellungsnahme der Bundesregierung vorliegen wird. Es wird interessant, welche Antworten die Bundesregierung präsentiert. Sicherlich werden sie sich in ihrer Aussagekraft nicht merklich von der Erklärung unterscheiden, die der Staatsminister im Auswärtigen Amt Michael Roth dem DIE LINKE-Abgeordneten Niema Movassat (der auch hinter der kleinen Anfrage steht) bereits während der 62.Plenarsitzung des Bundestags am 5.November 2014 gab:

Vizepräsident Peter Hintze:
Danke schön. – Dann kommen wir zur Frage 5 ebenfalls des Abgeordneten Niema Movassat:
„Wie bewertet die Bundesregierung die derzeitige politische Lage in Burkina Faso, bei der es bei dem Versuch einer einseitigen Verfassungsänderung mit dem Ziel des Machterhalts des autoritären Präsidenten Blaise Compaoré über das Jahr 2015 hinaus zu massiven Protesten und Unruhen und der Stürmung des Parlaments und anderer öffentlicher Gebäude am 30. Oktober 2014 gekommen ist (siehe www.spiegel.de/politik/ausland/unruhen-in-burkina-faso-proteste-gegen-praesident-blaise-compaore-a-999916.html), und inwiefern versucht die Bundesregierung, über ihre diplomatischen Kanäle Einfluss auf die Situation im Sinne der Bevölkerung und zu deren Schutz zu nehmen?“
Bitte, Herr Staatsminister.

Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt:
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter Movassat, die Beantwortung dieser Frage fällt mir nicht ganz leicht, weil sich die Lage in Burkina Faso stündlich verändert. Deswegen bitte ich Sie um Verständnis dafür, dass das, was ich jetzt sage, möglicherweise nicht die aktuellsten Entwicklungen wiedergibt. Ich versuche trotzdem mein Bestes.
Die Lage ist, wie Sie sich angesichts solch einer Revolution vorstellen können, derzeit sehr instabil. Es hat Massenproteste der Bürgerinnen und Bürger gegeben, und diese führten zum Rücktritt des Präsidenten von Burkina Faso am 31. Oktober. Dann, nach dem Rücktritt des Präsidenten, ist das Militär in dieses Machtvakuum getreten. Jetzt wird es kompliziert: Der Generalstabschef Traoré hat zunächst die Regierungsgeschäfte übernommen und das Parlament aufgelöst. Nur wenige Stunden später wurde er vom stellvertretenden Kommandeur der Präsidentengarde, Oberstleutnant Isaac Zida, abgesetzt. Zida kann sich nun der Unterstützung des Militärs sicher sein. Er hat die Verfassung außer Kraft gesetzt. Die Opposition lehnt seine Machtübernahme derzeit ab. Es kam daraufhin am 2. November zu Demonstrationsaufrufen. Den Aufrufen sind aber nur noch sehr wenige Einwohner Ouagadougous gefolgt.
Am 3. November hat sich Zida, also der Übergangspräsident bzw. der selbst ernannte Präsident, im Außenministerium dem Diplomatischen Korps als „Président du Burkina Faso“ vorgestellt. Er will einen Übergangsprozess hin zu Wahlen einleiten, basierend auf umfassenden, auf Konsens ausgerichteten Gesprächen mit allen Akteuren. – Herr Movassat, da Sie die Frage gestellt haben, wissen Sie vermutlich, dass die Bevölkerung und die politischen Verantwortungsträger in Burkina Faso sehr konsensorientiert sind.
Die Bundesregierung versteht die Geschehnisse in Burkina Faso als einen von großen Teilen der Bevölkerung begrüßten Prozess, der aber zu einem Machtvakuum geführt hat, das nun das Militär gefüllt hat. Wir fordern zur schnellstmöglichen Rückkehr zu verfassungsgemäßen Verhältnissen auf.

Vizepräsident Peter Hintze:
Danke schön. – Zusatzfrage, Herr Movassat? – Bitte.

Niema Movassat (DIE LINKE):
Danke. – Es ist ja so, dass der gestürzte Präsident Compaoré selber durch einen Putsch vor 27 Jahren an die Macht gekommen ist und seinen Vorgänger Thomas Sankara sozusagen abgesetzt hat. Es gibt bis heute zahlreiche Hinweise, dass Compaoré in zahlreiche westafrikanische Kriege wie in Liberia, Sierra Leone und der Elfenbeinküste verstrickt war. Es gibt zudem viele Vorwürfe hinsichtlich Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung, insbesondere auch im Zusammenhang mit den Todesfällen bei den Protesten am 30. und 31. Oktober.
Deshalb würde mich interessieren, ob sich die Bundesregierung, wie es große Teile der Zivilgesellschaft Burkina Fasos fordern, für eine Zurrechenschaftziehung Compaorés einsetzt – Deutschland selbst oder über die Kanäle innerhalb der Europäischen Union –, um die Vorwürfe hinsichtlich dieser Verbrechen aufzuklären, die sich gegen Compaoré richten.

Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt:
Wir haben erst einmal allergrößtes Interesse daran, dass anstelle dieses Machtvakuums eine verfassungsmäßige Ordnung eintritt und man wieder zu stabilen Verhältnissen zurückkehrt. Alles Weitere werden wir mit unseren internationalen Partnern, auch im Rahmen der Europäischen Union, eng abstimmen.

Vizepräsident Peter Hintze:
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Movassat? – Bitte schön.

Niema Movassat (DIE LINKE):
Der ehemalige Präsident Compaoré ist in die Elfenbeinküste geflohen, was dort durchaus umstritten ist. Es sollen auch Geldmittel mitgenommen worden sein, die möglicherweise dem Staat Burkina Faso und damit der dortigen Bevölkerung gehören. Es ist nicht ganz unüblich, dass in diesen Fällen auch die Vermögenswerte einer solchen Machtclique eingefroren werden, um erst einmal eine gewisse Sicherheit zu schaffen. Mich würde interessieren: Hat sich die Bundesregierung für solch ein Einfrieren der Geldmittel bzw. der Vermögenswerte der Familie Compaoré eingesetzt?

Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt:
Solche Verfahren sind Ihnen – so traurig das auch im mer sein mag – ja bekannt, Herr Kollege Movassat. Wir haben ein Interesse daran – das ist unsere oberste Priorität –, dass wir helfen, schnellstmöglich eine verfassungsgemäße Ordnung herzustellen, die den Menschen dort das notwendige Maß an Sicherheit gewährt. Ansonsten stimmen wir weitere Maßnahmen, wie ich es eben schon gesagt habe, mit unseren EU-Partnern, aber auch mit der internationalen Gemeinschaft ab. Von weiteren Aktivitäten ist mir nichts bekannt.

Wenn man lediglich für eine Frage bezahlt wurde, kann man die beiden Zusatzfragen auch noch einmal mit dem bereits vorbereiteten Text beantworten. Niemand sollte glauben, dass Burkina Faso auch nur irgendwen im Auswärtigen Amt oder im Kanzleramt eine Emotion abringt. Für die Entscheidungsträger in der Politik, diejenigen jedenfalls die sich unter Burkina Faso überhaupt etwas vorstellen können, ist das Land, das zwischen Niger und Mali liegt, potentiell anfällig fûr dschihadistische Gruppen, die am Ende noch einen Deutschen entführen und ihn vor eine Kamera zerren, was dazu führt dass Deutschland bitter blechen muss. Das ist, was mit Burkina Faso verbunden wurde und wird (abgesehen von Ebola), und insofern ist das einzige Interesse deutscher Politik die Aufrechterhaltung der Ordnung und somit ein starker Staat. Hier unterscheidet sich die Position Deutschlands, wenn man es denn Position nennen kann, wenig von der Frankreichs, abgesehen davon dass die Heuchelei in Frankreich, aufgrund der Rolle als ehemaliger Kolonisator, wesentlich ausgeprägter ist. Dort veröffentlichte man vor dem 30.Oktober 2014 halbherzige Statements aus denen man herauslesen konnte, dass Blaise doch irgendwie auf die Bevölkerung hören solle und die Verfassung vielleicht doch besser in Ruhe lasse…falls es ihm nichts ausmache. Den Volksaufstand begrüsste man umgehend und ebenso umgehend mobilisierte man die in Fada N’Gourma stationierte Armeeeinheit um Blaise mit dem Hubschrauber ins sichere Exil zu schaffen.

Wie dem auch sei, im Folgenden die 49 Fragen, das ganze Dokument ist hier zu finden. Den Fragen geht im Dokument noch eine Einführung zu den politischen Verhältnissen in Burkina Faso in Vergangenheit und Gegenwart voraus:

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat die Bundesregierung vor dem 30. Oktober 2014 den Versuch einer Verfassungsänderung zwecks Ermöglichung einer weiteren Amtszeit des seit 27 Jahren regierenden und selbst durch einen Putsch an die Macht gekommenen ehemaligen Präsidenten Burkina Fasos, Compaoré, bewertet?
2. Inwiefern hat die Bundesregierung auf das Compaoré-Regime eingewirkt, diese Verfassungsänderung zurückzuziehen, insbesondere als die Spannungen im Land seit Mitte 2014 zunahmen und ein mögliches Blutbad abzusehen war?
3. Inwiefern hat sich die Bundesregierung in internationalen Gremien (GSVP der EU und UNO) für Maßnahmen bis hin zu Sanktionen gegen das Compaoré-Regime im Falle einer Änderung des Artikels 37 der Verfassung Burkina Fasos eingesetzt?
4. Welche Positionen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die französische Regierung allein sowie innerhalb der EU im Vorfeld der in Burkina Faso am 30. Oktober 2014 aufgesetzten Verfassungsänderung vertreten?
5. Inwiefern stand die Bundesregierung im Vorfeld der sich seit über einem Jahr anbahnenden Krise in Burkina Faso mit der politischen Opposition und zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen in Kontakt?
6. Inwiefern stuft die Bundesregierung die Regierungsübernahme des Militärs als Putsch ein?
7. Wie sieht die Bundesregierung den abgeschlossenen Prozess in Burkina Faso hin zu einer möglichst konsensual beschlossenen zivilen Übergangsregierung, die innerhalb eines Jahres demokratische Wahlen vorbereiten soll?
8. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Haltung der Aufständischen in Burkina Faso, nicht länger eine Einflussnahme von außen dulden zu wollen, und die von ihnen erhobenen Vorwürfe (Einträge auf www.facebook.com/groups/revolutionburkina 2011 rund um den 5. November 2014) gegen die internationale Staatengemeinschaft in Form der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS und Afrikanischen Union (AU), sich zu sehr in den Transitionsprozess in Burkina Faso bis hin zu einer offenen Einflussnahme auf die Festlegung des künftigen Übergangspräsidenten und mittels Fristen, einzumischen?
9. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die „Charta der Transition“, die Änderungen und Ergänzungen zur bestehenden Verfassung und den Prozess und die ad hoc geschaffenen Institutionen und Verfahren, die zu ihr führten?
10. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung in internationalen Gremien dafür ein, dass Vermögenswerte des erweiterten Compaoré-Clans schnellstmöglich eingefroren und sichergestellt werden, um diese der Bevölkerung und dem Staat Burkina Faso für seine weitere Entwicklung zurückzugeben, bzw. plant die Bundesregierung eigene Maßnahmen in die Richtung (vgl. Antwort von Staatsminister Michael Roth auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niema Movassat, Protokoll der 62. Sitzung, Seite 5748f.)?
Wenn nein, warum nicht bzw. welche Staaten in Europa blockieren ein solches Vorgehen innerhalb der EU, und aus welchen Gründen?
11. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für eine unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom 30. Oktober bis 2. November 2014 in Burkina Faso und eine Dingfestmachung der Verantwortlichen für den Tod von zahlreichen Demonstranten und den unter dem Genfer Protokoll illegalen Import und Einsatz des Tränengases PLMP 7B der französischen Firma „Nobel Sport Sécurité“ ein?
12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, inwiefern bei der Aufstandsbekämpfung in Burkina Faso am 30. und 31. Oktober 2014 neben burkinischer Polizei, Gendarmerie und Militär auch ausländische Sicherheitskräfte, wie etwa aus Togo, eingesetzt wurden?
13. Wer sind in Burkina Faso die derzeitigen Ansprechpartner der Bundesregierung?
14. Welche Interessen haben Bundesregierung und Europäische Union in Burkina Faso?
15. Inwiefern wird sich die Bundesregierung für ein unabhängiges Audit der Regierungsführung und Transparent-Machung der Verwendung insbesondere der durch internationale Kreditaufnahme verwendeten Finanzmittel des Compaoré-Regimes einsetzen?
16. Inwiefern wird die Bundesregierung die künftige demokratische und wirtschaftliche Entwicklung Burkina Fasos unterstützen, beispielsweise durch Schuldenerlasse?
17. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Schulden Burkina Fasos als illegitime Schulden insgesamt oder doch zu einem großen Teil einzustufen sind, da sie nach Auffassung der Fragesteller einem bekanntermaßen korrupten und verbrecherischen Regime gegeben wurden bzw. keinen oder kaum einen Beitrag zur sozialen Entwicklung des Landes und im Kampf gegen die Armut geleistet haben?
18. In welchem Umfang und in welchen Sektoren hat die Bundesregierung in den letzten Jahren mit Burkina Faso im Bereich von Entwicklungsmaßnahmen zusammengearbeitet (bitte über die letzten zehn Jahre sektorale Entwicklungszusammenarbeit der technischen Zusammenarbeit und finanziellen Zusammenarbeit und Einzelprojekte sowie die jeweiligen Finanzvolumina auflisten)?
19. Welche Auswirkungen wird der Umsturz auf die bilaterale und europäische Entwicklungszusammenarbeit mit Burkina Faso haben?
20. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen in Burkina Faso, bzw. inwiefern plant sie, eine solche Unterstützung im Sinne der Förderung eines demokratischen und selbstbestimmten Prozesses in Burkina Faso künftig auszubauen?
21. Inwiefern wird die Bundesregierung den internationalen Kampf gegen Straflosigkeit unterstützen und Maßnahmen mit dem Ziel ergreifen, Compaoré und seine Helfer für ihre mutmaßlichen Verbrechen juristisch zur Rechenschaft zu ziehen?
22. Inwiefern wird die Bundesregierung ein etwaiges Auslieferungsgesuch von Blaise Compaoré seitens einer neuen Regierung in Burkina Faso unterstützen, sollte man ihn dort vor Gericht stellen wollen?
23. Inwiefern wird die Bundesregierung sich für die Einrichtung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zur Ermittlung der Mörder von Präsident Thomas Sankara und ihrer Unterstützer einsetzen, wie es neben der Witwe die Kampagne CIJS (www.grila.org/index_grila.php?gri=cij&lang=fr) und das internationale Netzwerk „Gerechtigkeit für Thomas Sankara, Gerechtigkeit für Afrika“ (www.thomassankara.net/spip.php?article880&lang=de) seit Jahren tun und am 2. November 2014 noch einmal eingefordert haben (www.thomassankara.net/spip.php?article1692&lang=de)?
24. Inwiefern wird sich die Bundesregierung gegenüber der Regierung Frankreichs und über die EU dafür einsetzen, dass Frankreich seine Archive der 80er-Jahre öffnet, um die Umstände der Ermordung von Präsident Thomas Sankara aufklären zu können?
25. Inwiefern wird sich die Bundesregierung gegenüber der US-Regierung dafür einsetzen, dass die USA ihre Archive der 80er-Jahre öffnen, um die Umstände der Ermordung von Präsident Thomas Sankara aufklären zu können?
26. Inwiefern liegt der Bundesregierung der nie veröffentlichte Audit-Bericht der Weltbank, die diese kurz nach Ermordung Sankaras in den Jahren 1987 und 1988 über dessen Regierungspolitik und Entwicklungserfolge erstellte, vor (s. Aussagen vom ehemaligen Minister unter Sankara Valère Somé im Dokumentarfilm: „Thomas Sankara – Geteiltes Erbe“, www.youtube.com/watch?v=AoDDBE1WjqY)?
27. Falls dieser Weltbank-Audit-Bericht der Bundesregierung nicht vorliegt, inwiefern wird sie sich über ihre Weltbank-Mitgliedschaft für seine nachträgliche Veröffentlichung zwecks besserer Bewertung der Regierungspolitik Sankaras einsetzen?
28. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der aktiven militärischen Hilfe seitens Frankreichs bei der „Exfiltrierung“ Blaise Compaorés und seines Bruders François Compaoré aus Burkina Faso (www.jeuneafrique.com „Burkina: la France a joué un rôle dansévacuation de Blaise Compaoré“)?
29. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Verhalten des Ouattara-Regimes im Nachbarland Elfenbeinküste (www.cameroonvoice.com/news/article-news-16757.html) sowie seit dem 20. November 2014 auch Marokkos www.jeuneafrique.com/Article/ARTJAWEB20141120183936/), Compaoré trotz aller ihm vorgeworfenen Verbrechen aufzunehmen und ihm Schutz zu bieten?
30. Was weiß die Bundesregierung über die Umstände, Verantwortliche, Hintergründe, Beteiligte, Unterstützung und Ablauf der Ermordung von Präsident Thomas Sankara am 15. Oktober 1987, in dessen Folge sich Blaise Compaoré an die Macht in Burkina Faso putschte?
31. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Verantwortlichen für die Morde an Jean-Babtiste Boukary Lingani und Henri Zongo im Jahr 1989?
32. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über eine etwaige Beteiligung des Compaoré-Regimes am Autounfall des systemkritischen burkinischen Musikers „Black So Man“, der später den Folgen des Unfalls erlag (vgl. www.wikipedia.org zu „Black So Man“)?
33. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über eine mutmaßliche Verantwortung von François Compaoré, dem Bruder des Ex-Präsidenten Blaise Compaoré, für die Ermordung des Investigativjournalisten Norbert Zongo und seiner drei Begleiter (vgl. www.wikipedia.org zu „Norbert Zongo“)?
34. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundesregierung in den Bürgerkriegen in Liberia und Sierra Leone?
35. Was weiß die Bundesregierung über illegale Waffengeschäfte des Compaoré-Regimes unter Unterlaufung von UN-Embargos, etwa an die UNITA unter Jonas Savimbi in Angola, an die RUF-Rebellen unter Charles Taylor für seine Kriege in Liberia und Sierra Leone sowie an die Rebellen in der Elfenbeinküste unter dem damaligen Rebellenführer Guillaume Soro (heute Präsident der Nationalversammlung der Elfenbeinküste, bitte unter Bezugnahme auch auf die entsprechenden und in der Vorbemerkung der Fragesteller aufgelisteten UN-Protokolle und Expertenberichte, das Sondertribunal für Sierra Leone und Liberia sowie die bisherigen Aussagen vor der liberianischen Wahrheits- und Versöhnungskommission)?
36. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundesregierung bei der früheren und aktuellen Machtsicherung des Eyadema-Clans in Togo?
37. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundesregierung in den Bürgerkriegen in der Elfenbeinküste?
38. Welche Rolle spielte das Compaoré-Regime nach Kenntnis der Bundesregierung in dem jüngsten Konflikt in Mali seit 2012 und auch in denen davor? Was weiß die Bundesregierung über eine mögliche Unterstützung der MNLA und von Iyad Ag Ghaly?
39. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Gründe und Hintergründe des bisherigen Aufenthalts der MNLA-Separatisten aus dem Norden Malis in Ouagadougou?
40. Inwiefern und mit welcher Begründung unterstützte die Bundesregierung in der Vergangenheit ggf. Blaise Compaoré in seiner Rolle als Mediator in zahlreichen Krisen in Westafrika?
41. Weshalb lud der damalige Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel Blaise Compaoré im Jahr 2012 trotz der durch zahlreiche Zeugenaussagen, UN-Berichte, eigene Geheimdienstinformationen und Protokolle des Sondertribunals für Sierra Leone und Liberia bekannten Menschenrechtsverletzungen des Compaoré-Regimes und seiner Rolle als Brandstifter Westafrikas nach Berlin zu Gesprächen ein?
42. Was hat Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel am 15. Juni 2012 in Berlin mit Blaise Compaoré im Namen der Bundesregierung besprochen und vereinbart (bitte genaue Themenbereiche und etwaige Verabredungen und Vereinbarungen auflisten)?
43. Wie antwortet die Bundesregierung aus heutiger Sicht auf die Kritik, dass es ein Fehler der internationalen Staatengemeinschaft und auch seitens der Bundesregierungen war, Blaise Compaoré als Mediator und „Anker des Friedens und der Stabilität in Westafrika“ aufzubauen und wiederholt seine „Vermittlerrolle“ in Krisen in Westafrika zu unterstützen oder zumindest nicht infrage zu stellen?
44. Inwiefern hat sich die Bundesregierung in der Vergangenheit gegenüber der französischen Regierung für einen anderen, kritischeren Umgang mit und eine andere Politik gegenüber Burkina Faso unter Blaise Compaoré eingesetzt (bitte hierzu institutionellen Rahmen, Daten, Inhalte und Positionen von Unterredungen und Konsultationen auflisten)?
45. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Rolle Burkina Fasos in der neuen französischen Anti-Terrormission Operation „Berkhane“ (bitte auflisten nach eingesetzter Truppenstärke, militärischem Gerät und militärischen Basen, militärischen Abkommen zwischen Frankreich und Burkina Faso, Befugnisse Frankreichs im Rahmen der Operation, etc.)?
46. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Rolle Burkina Fasos in der US-amerikanischen „Trans-Sahara Counterterrorism Partnership“ im Operationsfeld des von Stuttgart aus operierenden US-Oberkommandos für Afrika AFRICOM (bitte auflisten nach eingesetzter Truppenstärke, militärischem Gerät und militärischen Basen, militärischen Abkommen zwischen Frankreich und Burkina Faso, Befugnisse Frankreichs im Rahmen der Operation, etc.)?
47. Inwiefern arbeitet die Bundesregierung mit der US-amerikanischen und/oder der französischen Anti-Terrormission in der Sahelzone zusammen?
48. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die spezifischen Aktivitäten von AFRICOM in Burkina Faso und insgesamt im Rahmen der „Trans-Sahara Counterterrorism Partnership“, speziell durch den Umstand, dass AFRICOM von deutschem Boden aus operiert und deutsche Verbindungsoffiziere der Bundesregierung laufend über AFRICOM-Aktivitäten berichten?
49. Welche konkreten Fragen enthält der Fragenkatalog der Bundesregierung an die amerikanische Botschaft in Berlin von April 2014 bezüglich AFRICOM, an deren Beantwortung die Bundesregierung seit vielen Monaten mit zunehmender „Eindringlichkeit erinnert“, ohne dass ein „konkretes Zieldatum“ für die Beantwortung genannt ist (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/2794, bitte alle Fragen auflisten)?

Berlin, den 24. November 2014
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Auch wenn viele Fragen sicher zu der immergleichen Antwort führen werden, die mit folgenden Worten beginnt „Die Bundesregierung verfügt über keine Kenntnisse bezüglich…“, schafft man es mindestens dass sich ein paar Leute mehr als gewöhnlich mit dem Land auseinandersetzen müssen.

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