Einmal Regierung mit allen, bitte!

Die Übergangsregierung Burkina Fasos steht! Und ihr Erfolg oder Misserfolg wird maßgeblich davon abhängen, wie sich die zwei starken Männer im Staat während der folgenden 11 Monate verstehen. Die Verteilung der Ministerposten weist eine Besonderheit auf, die die Weisheit und Kooperationsbereitschaft von Michel Kafando und Isaac Zida erfordern. Bisher deutet einiges darauf hin, dass sie mindestens letztere Eigenschaft besitzen.
Keiner der in der Übergangsregierung vertretenen Personen ist berechtigt, für die Wahlen im November 2015 zu kandidieren, was die Suche nach geeigneten Personen erschwerte. Geeignete Menschen für die Ministerposten zu finden, die keine politischen Ambitionen haben, nicht (zu stark) mit dem System Compaoré verbandelt waren oder bereit sind hohe Posten in internationalen Organisationen aufzugeben sind in Burkina Faso weit schwerer zu finden, als es beispielsweise in Italien der Fall war, wo 2011 ebenfalls eine Technokratenregierung gebildet wurde. Vielleicht mag dieser Umstand auch erklären, warum der Oberstleutnant Zida vom Präsidenten zum Premierminister wurde und nun auch noch das Verteidigungsressort zugesprochen bekam. Und warum der Präsident Kafando gleichzeitig als Außenminister fungieren wird. Und man kann nur für Burkina hoffen, dass dies die wahren Gründe für die getroffenen Entscheidungen sind.

Aus europäischer Perspektive fragt man sich schnell, wie denn ein Präsident zusätzlich Außenminister und somit Mitglied der Regierung sein kann (deren Chef bekanntlich der Premierminister ist), wo ihm doch der Premierminister direkt unterstellt ist. Vielleicht ist dies aber auch tatsächlich europäische Erbsenzählerei, die den realen Umständen in Burkina Faso nicht gerecht wird, und ihnen seine Schulbuchlehre entgegenstellt. Die Erbsenzählerei würde dann virulent, wenn es zum Bruch zwischen Zida und Kafando kommen würde, doch zu dieser Befürchtung gibt es bis jetzt keinen Anlass. Den Präsidenten Kafando, der Top-Diplomat war, nicht auf den Außenministersessel zu setzen, wäre angesichts der mageren Auswahl an Personen wohl eine enorme Verschwendung gewesen. Insbesondere da die Außenbeziehungen nun von besonderer Bedeutung sind um die internationale Gemeinschaft von der eigenen Redlichkeit zu überzeugen. Im Idealfall kann er den meist eigennützigen Versuchen der politischen Einflussnahme der europäischen Staaten und der USA seine Alterssturheit und Erfahrung entgegensetzen. Die Außenpolitiker der europäischen Länder haben ganz bestimmt keine Sektkorken knallen lassen, als die Burkinabés Blaise Compaoré zum Teufel jagten. Die europäische Außenpolitik für Westafrika ist gefesselt von der Angst vor dem islamistischen Terror in Form von AQMI (Al-Qaida im Islamischen Maghreb) und es spricht mindestens für ihre Ignoranz, dass sie in Blaise Compaoré bis zum Schluss einen Stabilitätsanker in einer aufgewühlten Region sah. In Westafrika dagegen galt der so angesehene Vermittler schon lange als einer, der in jedem Konflikt in dem er vermittelte, auch beteiligter Akteur und somit Teil des eigentlichen Problems war. Von daher fiel das Bedauern der westafrikanischen Staatschefs über sein Verschwinden auch vergleichsweise mager aus (Man muss natürlich anfügen, dass auch in Afrika niemand Verlierer mag und dass dennoch ein großes Unbehagen unter den Staatschef anzunehmen ist, denn immerhin müssen sie jetzt nicht mehr nur vor einem Militärputsch, sondern auch tatsächlich vor der Macht des Volkes Angst haben.)

Insgesamt wurden 4 der 26 Ministerposten an Militärs vergeben. Davon drei in bedeutenden Ressorts. Zida deckt das Verteidigungsministerium ab, sein „rechter Arm“ (Jeune Afrique) Auguste Denise Barry wird Innenminister. Oberst Boubacar Ba wird Energie- und Bergbauminister, ein Ministerium das aufgrund des Goldabbaus im Land als äußerst „gewinnbringend“ gilt, bis jetzt allerdings nur für die Minister und deren Freunde. Das Sportressort wird von Oberst David Kabré übernommen. Indem Zida gleichzeitig das Amt des Premierministers abdeckt, wird das Militär in der Regierung bestimmend sein, wenn sie es denn wollen. Vertreter der Zivilgesellschaft bekamen auch wichtige Ressorts zugesprochen, wie das Wirtschafts- und Finanzministerium (Jean-Gustave Sanon) und das Justizministerium (Josephine Ouedraogo, war auch Kandidatin auf den Posten des Übergangspräsidenten und war Ministerin unter Thomas Sankara).
Einen Aufreger, der am Montag zu Demonstrationen führte, gab es mit der Ernennung des Kultur- und Tourismusministers Adama Sagnon. Dem Juristen wird vorgeworfen, als damals zuständiger Staatsanwalt für die mangelnde Aufklärung der Ermordung des bekannten Journalisten Norbert Zongo verantwortlich zu sein. Dieser wurde 1998 auf der Strasse zwischen Leo und Ouagadougou von Mitgliedern der Präsidentengarde in seinem Auto erschossen und verbrannt. Abgesehen von den drei Tätern wurde nie jemand zur Rechenschaft gezogen. In dieser Zeit war Zongo mit Recherchen zur Ermordung von David Ouedraogo beschäftigt, dem Chauffeur des Bruders von Blaise, Francois Compaoré. Es bleibt abzuwarten, wie Oberstleutnant Zida, der sich bisher als Mann des Volkes gab, mit Adama Sagnon umgehen wird, der selbst allerdings darauf verwies, dass er nur einer von mehreren mit dem Fall betrauten Staatsanwälten war.

Und wie als Beweis, dass die Zivilgesellschaft an Macht noch nicht eingebüsst, gab Adama Sagnon soeben seinen Rücktritt bekannt. Vielleicht hatte er sich seit seiner Kindheit gesagt, „Mal einen Tag Kultur- und Tourismusministers sein…“, vielleicht aber auch nicht.

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