Russischer Übergang

Wenn ein amtierender Präsident seinen Nachfolger bestimmt, um sich dann von diesem selbst zum Premierminister vorschlagen zu lassen, muss man dann von russischen Verhältnissen sprechen und die Personen als Putin und Medwedew bezeichnen? In den sozialen Netzwerken haben einige Burkinabé diese Frage eindeutig mit JA beantwortet.

Der sich seit Sonntag im Amt befindliche Übergangspräsident Michel Kafando hat heute Mittag per Dekret bekanntgegeben, dass er Oberstleutnant Yacouba Isaac Zida, noch bis Freitag selber Übergangspräsident, zum Premierminister vorschlägt. Schon seit einigen Tagen wurde über Zida als Premierminister spekuliert (nämlich seitdem festgeschrieben wurde, dass auch ein Militär Premierminister werden kann), doch es wurde wahrscheinlich, als gestern Abend Kafando beim französischen Radiosender RfI eine solche Lösung nicht mehr ausschließen wollte. Heute Morgen ließ sich Oberstleutnant Zida nicht lumpen und erklärte, für den Dienst am Vaterland werde er sich mit jedem Posten begnügen, den ihm der Übergangspräsident zuweist. Und so geschah es dann auch. Gegen 12 Uhr mittags. Der Rest der Übergangsregierung muss nun bis Donnerstag bestimmt werden.

Nicht wenige Burkinabés sehen nun das eintreten, wovor sie sich seit der Vertreibung des Compaoré-Clans am 30.Oktober 2014 gefürchtet haben: Den Verrat ihrer Revolution. Seit Beginn herrschte eine große Skepsis gegenüber der Armee, die schnell die Zügel der Macht in die Hände genommen hatte. Es hätte erwartet werden können, dass die Bevölkerung nach einem jungen Militär verlange, der dem Beispiel Thomas Sankaras, dessen Konterfei jedes zweite Motorrad in Ouagadougou ziert, folgen würde. Doch danach verlangte niemand. Vom ersten Tag an hieß es, das Militär solle gefälligst die Hände von der Macht lassen. Auf die Demonstrationen gegen Compaoré folgten Demonstrationen gegen eine zu große Macht des Militärs.

Oberleutnant Yacouba Isaac Zida, der als Übergangspräsident bis zur Ernennung eines zivilen Übergangspräsidenten eingesetzt worden war, versuchte das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Und er schaffte es, indem er alle zivilgesellschaftlichen, politischen und religiösen Parteien an einen Tisch holte und mit ihnen einen Plan für den Übergang entwarf. Er empfing die besorgten internationalen Vertreter und sicherte eine schnelle Übergabe der Macht in zivile Hände zu. Er versöhnte die Bevölkerung mit symbolischen Gesten, er trat demütig auf und zeigte dass er ein Zurück-zu-Blaise nicht dulden werde. Er gab bekannt, dass er nach der Übergangsphase zurück in seine Kaserne gehen werde, dass er aber während des Übergangsprozesses bereitstehe um zu helfen.

Und so gut seine Intentionen mit der Übernahme des Amtes des Premierministers auch sein mögen, er muss sich dennoch fragen, ob es nicht klüger und verantwortungsvoller wäre, sich aus der jetzigen Übergangsregierung rauszuhalten. Da ist der schale Beigeschmack, einen Präsidenten (mit-)ausgewählt zu haben, der ihn nun wiederum als Premierminister auswählte. Da ist der Riss, der nun durch die Bevölkerung geht, zwischen denen, die einen Militär (und insbesondere die ehemalige Nr.2 der Präsidentengarde) prinzipiell ablehnen und denen, die in den letzten Wochen Vertrauen zu ihm gewonnen haben. Da ist die Frage, die sich durch die nächsten 12 Monate ziehen wird, ob denn nun ein Zivilist oder in Wirklichkeit ein Militär (und somit DAS Militär) Burkina Faso regiert.

Für Zida kann man sich nur freuen, er kann sein erworbenen theoretischen Kenntnisse im Masterstudiengang „International Management“ noch ein bisschen länger in der Praxis anwenden und vertiefen. Er kann noch weiter seine Popularität genießen, die er sich in den letzten drei Wochen spektakulär erworben hat und er muss erst wieder im Herbst in die Ödnis des Kasernenlebens zurückkehren. Die Bevölkerung, die schnell von der Redlichkeit Zidas und aller anderen am Übergangsprozess beteiligten Personen überzeugt war, muss sich fragen (und Teile tun dies bereits mehr und mehr), ob denn tatsächlich der Compaoré-Clan oder nur die Compaorés vertrieben wurden?

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